Dienstag, 23. Juni 2015

Jambo Kibo!

Jambo Kibo - Hallo Kilimanjaro

Transfer
Nach unserem letzten Blog haben wir uns auf die lange Reise nach Moshi (Nachtbus, Uebernachtung in Jo'burg, Flug nach Dar-es-Salaam, Flug nach Kili Airport, Transfer ins Hotel, Transfer zur Agentur) aufgemacht. Das kommt von der verfeinernden Planung die wir pflegten. Zuerst hatten wir ja nur den Hin- und Rückflug nach Südafrika fixiert, dann frei gelebt und am Schluss die Autorückgabe und dann den Besuch in Tansania geplant. So sauber dies auch aufging, eine direktere Route nach Tansania hätte es sicher auch gegeben ;)

Eine Situation aus der ganzen Reise möchte ich erwähnen, weil sie mir unter die Haut ging: beim Busterminal bekamen wir einen Insidertipp zum Essen und haben uns an dem genannten Bazaar mit zwei Portionen Essen eingedeckt. Die Portionen waren riesig und hätten wir nicht Take-Away genommen, wären sie anscheinend noch grösser ausgefallen... Zurück im durch unzählige Polizisten und Zaun gesicherten Terminal konnte ich etwa die Hälfte essen, dann war ich satt. Sollte ich jetzt zum Rucksack und Handgepäck das Essen auch noch mitschleppen, oder es wegwerfen, oder...? Ein kurzer Blick durch den Zaun, mit einem jungen Obdachlosen Augenkontakt aufgenommen und genickt,  dann ging es gefühlte 2s und er stand bereits neben mir, um das Essen zu übernehmen. Ich war dankbar, dass er mir die Entscheidung abgenommen hat und er war dankbar, was man mehr als nur spüren konnte. So schnell die Frage auch gelöst werden konnte, so lange dachte ich über die Situation hier und im Allgemeinen noch nach...

Moshi
Wir haben uns auf den Kili, aber nicht wirklich auf Tansania vorbereitet. Die üblichen Kultur- und Landesinformationen haben wir erst gegen Ende unseres Aufenthaltes eingeholt. So liessen wir uns - vom geplanten Programm mal abgesehen - komplett überraschen.

Moshi erinnerte uns als erstes an Burkina-Faso. Die quirlige Stadt mit vielen engen Strassen, Motorrädern, Läden in allen Farben und Formen sowie Gerüchen allenthalben kam Bobo Dioulasso schon sehr nahe :)

Am ersten Morgen wurden wir abgeholt und in die Agentur gebracht. Dort lernten wir unsere beiden Hauptprotagonisten der Kili-Besteigung kennen: Frank als Führer und Donovan als sein Assistent. Mit beiden zusammen haben wir den Ausflug zum Materuni-Wasserfall im Gebiet der Chaggas (Bewohner des Kilimanjaro-Berges) unternommen. Die Wanderung durch den Regenwald war genial. Es ist sehr eindrücklich zu sehen, wie die Chaggas ihre Bepflanzung ausrichten. Das System nennt sich Kihamba und wir Seeländer würden das als grösstmögliche Abweichung zu unseren geometrisch ausgerichteten Feldern mit getrennter Bepflanzung und maschineller Bewirtschaftung abtun. Doch:
  • Maschinen würden den lockeren Untergrund verschliessen und das Wasser könnte nicht mehr gespeichert werden
  • Durch die unterschiedlichen Steillagen wären Maschinen sowieso nicht ideal und wir müssten daher die Bergbauern subventionieren, damit sie konkurrenzfähig blieben
Hier aber werden Kaffe, Mango, Avocado, Cassava, Bananen etc. kreuz und quer angepflanzt, deren Abfall wird am Boden gelassen und vermodert sogleich auch wieder und so scheint alles wunderbar zu gedeihen und dies auch noch nachhaltig. Das sinnvolle Chaos sozusagen :) Wir konnten an diesem Tag unsere Führer besser kennen lernen und am Boden liegende, herrlich schmeckende Avocados geniessen!

Kibo
Das ganze Erlebnis mit dem Kilimanjaro kann nur schwer in Wort und Bild gefasst werden. Ich versuche es, auch wenn nichts und niemand die persönliche Erfahrung ersetzen kann!

Die Nacht soweit gut durchschlafen, wenngleich auch etwas nervös, wurden wir pünktlich um 0900 im Hotel abgeholt und zur Agentur gebracht. Das Leihmaterial hatten wir bereits am Vortag abgeholt, so mussten nur noch Formalitäten erledigt werden und schon ging es weiter. Wasser einkaufen (ganz wichtig!), 40min fahren und schon waren wir beim Machame Gate auf 1640 AMSL (above mean sea level = m.ü.M) eingetroffen. Durch den Fahrtwind und meine Faulheit fürs Nichtanziehen eines Halstuches bestraft, spürte ich bereits, dass mich demnächst ein richtiger Schnupfen auf dem Wege begleiten würde. Doch dazu später mehr.

Am Gate herrscht jeweils emsiges Treiben. Touristen müssen sich für den Nationalpark registrieren und die Parkgebühr sowie die Rettungsgebühren entrichten. Bei unserer Rückkehr erfuhren wir, dass für uns zuerst nur 6 Tage bezahlt, aber 8 angemeldet wurden (Verspätungen werden empfindlich gebüsst!). Dies, weil die KINAPA (Kilimanjaro National Park Association) keine bezahlten Gebühren zurückerstattet. Dies gilt übrigens auch für jeden Reiseveranstalter. Wer - aus welchen Gründen auch immer - die Reise abbrechen muss, kriegt nichts zurückerstattet. Insofern hätte unser Organisator glatt einen Gewinn gemacht, wenn wir nur 6 Tage oben gewesen wären :)

Nach dem Registrieren wird das Gepäck verteilt, was ein Heidenkampf ist. Für uns 2 Personen hatten wir schlussendlich folgende Mannschaft:
  • 1 Führer (Frank)
  • 1 Asisstenzführer (Donovan)
  • 1 Koch
  • 1 Kellner
  • 8 Träger
Dabei muss man bedenken, dass zusätzlich zu Kleidern und persönlicher Ausrüstung auch Zelte, Stühle, Kochmaterial, Essen und Trinken raufgetragen werden muss. Jeder Träger darf max. 20kg hochbringen, was auch empfindlich kontrolliert wird und dem Schutze der Träger dient. Das Ganze dauerte etwa eine Stunde und war sehr eindrücklich! Wir waren gerade vor der Hochsaison und da reissen sich die Träger noch um Arbeit, es wird gekämpft, diskutiert, gestikuliert, simuliert und verteilt... Weil sich unser Team für einen Träger weniger entschied, musste auch von den beiden Führen am ersten Tag ausgeholfen werden. Wer aber schon mal etwas von optimaler Gewichtsverteilung im Rucksack gehört hat, der kann verstehen, dass Donovan bei heimlich versteckten, zusätzlichen 10kg Mehl oben im Rucksack, nicht ganz glücklich war. Ich kann es ihm nachempfinden, denn sein Traggewicht betrug an diesem Tag ganze 29kg....

Mittlerweilen war es bereits 11 Uhr und wir begannen mit Donovan unseren Tagesmarsch. Frank blieb noch bei der Truppe um alles zu regeln und wollte uns dann aufholen. Los ging es durch den wunderschönen Regenwald bei strahlender Sonne. Ueberall neue Düfte, neue Pflanzen und immer wieder dieser steile Pfad begleiteten uns. Bereits nach 1s schwitzte ich und bis zum Abend assimilierte ich mich immer mehr mit der Fauna. Zum Glück hatte ich den Camelbag mit Trinkschlauch griffbereit, so konnte ich brav während dem Laufen immer wieder einen Schluck trinken. Valérie marschierte voraus und gab die Pace vor und so konnten wir diverse andere Touris überholen und etwas vor 17 Uhr unser erstes Camp Machame Camp auf 2850m erreichen.

Die Träger hatten ganze Arbeit geleistet und unsere Zelte standen bereits. So konnten wir uns kurz mit heissem Wasser auffrischen, trockene Kleider anziehen und ins Esszelt verkriechen für einen Willkommenstee. Danach gab es Zeit für Fotos und wir konnten zum ersten Mal den Berg ohne Nebel oder Wolken sehen - ein prächtiger Anblick! Im Camp selber herrschte derzeit ein emsiges Treiben. Mehrere Gruppen waren nun eingetroffen und mussten ihren Nachtplatz finden und beziehen. Gemäss unseren Führern war nicht viel los. Diese Aussage darf aber relativiert werden, wenn man bedenkt, dass sie bereits Gruppen von 100 Personen zzgl. gut 300 Helfern hochgebracht haben ;)

In der ersten Nacht am Berg haben wir durchzogen geschlafen. Die vielen Eindrücke, die neuen Geräusche (v.a. der anderen Touristen) und das stete Aufstehen zum unter-dem-freien-Himmel-Pinklen (ja, getrunken hatte ich wahrlich genug) sorgten für Unterbrecher. Dass Frank im Nachbarzelt gerade den Regenwald rodete, erleichterte das Einschlafen dann jeweils nicht wirklich ;)

Nach dem Regenwald drangen wir bald in die Moor- und Heidelandzone ein. Hier werden die Bäume zu Sträuchern bzw. zu Ericas und Senecien, der Boden wird morastig und überall hängen old mans beards (Flechten) an den Bäumen. Wenn hier der Nebel kommt, so wirkt das schauderhaft schön. Es stimmt schon wenn man behauptet, dass die Landschaft sehr ähnlich zu der, bei Herr der Ringe ist. Die Temperatur wurde etwas kühler und auf 3810m erreichten wir unser Shira 2 Camp. Der Marsch war heute etwas anstrengender, besonders wegen der schnellen Temperaturwechseln (kommt die Sonne ist es heiss, kommt der Nebel ist es frisch und das Ganze ist unvorhersehbar) und der z.T. steilen Anstiegen. Weil wir jedoch genug früh waren, konnten wir nach der obligaten Teepause noch einen Akklimatisierungsmarsch machen getreu dem Motto: gehe hoch, schlafe tief.

Durch den Schnupfen bedingt konnte ich nur schlecht atmen und noch schlechter schlafen. Dass mir meine Herzdame am nächsten Morgen erklärte, dass man mit Schnupfen nicht den Berg besteigen solle (Schild beim Eingangsgate gewesen), fand ich mässig prickelnd. Die Führer meinten aber, dass mit etwas Ingwer/Zitronentee alles kein Problem seie und so verliessen wir das Camp für den dritten Tag: den Akklimatisierungstag.

Rauf auf 4600m zum Lava Tower und dann wieder runter auf 3976m zum Barranco Camp führte uns der erschöpfende Weg. Die Luft wurde zusehends dünner und besonders ich hatte damit zu kämpfen. Kopfweh kam und ging und die Beine wurden nicht leichter. Lustigerweise fiel mir dann der Abstieg leichter als Valérie und so kamen wir beide gleichermassen erschöpft im Camp an. Fertig war mit Lachen und wir verkrochen uns geradezu ins Zelt. Donovan wird uns am nächsten Abend sagen, dass er es lieber sieht, wenn wir uns mit einem Lächeln im Camp registrieren als so wie hier... :) Nach dieser Tour fragt man sich, ob man den Aufstieg wohl packen wird? Was ist denn mit der Höhenkrankheit, dem Schnupfen, dem Körper? Hält der durch? Lustig, dass unsere Führer all diese Gedanken nicht interessieren, sie sagen nur: heute schlaft ihr wie ein Baby und Morgen ist alles besser und dann schauen wir wieder.

So war's! Am nächsten Morgen waren wir beide fitter, auch wenn wir von nun an selten viel Hunger hatten. Uns wurde aber zugesichert, dass all unsere Reste gerne von den Anderen gegessen werden. Die Rangordnung war klar: zuerst der Gast, dann die Führer und dann das Volk... Also los über die Barranco Wall, welche von weitem extrem steil aussieht und diese Erscheinung auch bis am Schluss beibehält. Nach 45min oben, kurze Pause und dann gings runter, rauf und runter bis zum Karanga Camp auf 3995m. Die 3.5h erschienen uns wie ein Sonntagsspaziergang (es war ja auch Sonntag und überdies der Geburtstag von meinem Mueti - hast Du die SMS erhalten?)! Mittlerweilen waren wir auf der alpinen Wüste angelangt, nur noch vereinzelt waren Gräser zu sehen, braun war die überwiegende Gesamtfarbe. Vom Karanga Camp aus machten wir am Nachmittag erneut einen Akklimatisierungsmarsch und genossen die herrliche Aussicht auf den Kibo und bis hinunter nach Moshi, so es das Wetter wollte (manchmal ja, manchmal nein). Am nächsten Morgen kurze Aufregung: ein Rettungshelikopter war zu sehen. Moment mal. Gleich deren zwei kamen angeflogen was gemäss unseren erfahrenen Führern (weit über 100 Mal auf dem Gipfel) ein Novum darstellte.

Sollte man die Höhenkrankheit haben gibt es verschiedene Symptome dies zu erkennen: blaue Lippen, dauerhafte Kopfschmerzen, betrunkener Gang oder unterschiedlich grosse Pupillen. Hier hilft nur eines: rasches Absteigen und an Höhe verlieren! Die Wege zur Rettung sind unterschiedlichst am Kili: der Heli ist das teuerste und schnellste Mittel - wird aber nur im äussersten Notfall eingesetzt. Dann gibt es das begleitete selber Absteigen oder das Kili-Taxi (siehe Foto weiter unten). Die Leute munkeln, dass wer noch kein Kopfweh hatte es sicher durchs Taxi bekomen wird und als ich das Taxi sowie dessen Route sah, konnte ich es mir lebhaft vorstellen. Zu guter Letzt gibt es an gewissen Orten bis ca. 3500m die Möglichkeit vom Allradfahrzeug abgeholt zu werden.

Wir haben auf unserem Weg verschiedene Grabstätten passiert: mal ist ein Tourist vom Blitz erschlagen worden, mal ein Tourist an Höhenkrankheit gestorben, mal ein Träger erfroren bzw. einer wegen Erschöpfung unglücklich hingefallen und verstorben oder - und das ist das Skurillste - eine Touristin mit der ausserhalb der Klippe gebauten Toilette zusammen abgestürzt. In meinem Kili Buch stand noch, dass der Autor sich etwa 1997 (genauso wie die Führer notabene) weigerte, eine dieser Toilettenanlagen zu benutzen, auch wenn es noch keine sinnvolle Alternative gab. Der Unfall passierte laut unseren Führern 2005. Man wird also immer mal wieder mit dem Thema Tod konfrontiert und auch damit, wie schnell es gehen kann. Wie vergänglich alles sein kann. Es reicht ein schneller Wettersturz oder ein blöder Moment. Wir waren dann jeweils froh zu merken, dass es uns selber gut ging und das Wetter soweit mitspielte!

Vom Karanga Camp sind wir nun (wir zählen den fünften Tag) losmarschiert und leicht steigend, dann eher flach und dann steil runter ins Karanga Valley, nur um gleich wieder ganz steil hochzusteigen zum Barafu Camp auf 4673m. Hier war nun die letzte Ruhepause vor dem Gipfelsturm angesagt. Das Camp selber hat wenig charmantes: zwischen die Felsen gebaut, dem Winde ausgeliefert und die überhängenden Toilettenhäuser machen es wirklich nur zu einem Durchgangslager. Randnotiz: wer weiss, dass der höchste Punkt in der Schweiz die Dufourspitze mit 4634m ist? Wir waren also ab diesem Punkt höher als man in der Schweiz je sein kann :D

Eigentlich hätten wir noch einmal einen Akklimatisierungsmarsch machen können, aber wir zogen die Ruhe und das winddichte Zelt vor. Valérie gönnte sich einen erquickenden Schlaf und ich wurde derweil von den Emotionen nur so durchgeschüttelt. Wer kommt auch auf die blöde Idee, nach so langer musikalischer Enthaltsamkeit direkt mit Nightwish einzusteigen... Unzählige Bilder passierten meine Augen; es wäre sowieso unmöglich gewesen einzuschlafen! Hier eine Situation von etwas Erlebtem, da eine Situation, hier Menschen und schöne Momente im Zeitraffer - ein Bild jagte das nächste und es wollte nicht aufhören. Gegen Abend haben wir uns dann etwas verköstigt und abgemacht, um 0600 loszumarschieren, sodass wir am frühen Nachmittag oben sein würden. Dies ist sehr atypisch, da die meisten Leute um Mitternacht starten, bei Sonnenaufgang oben sind und dann den ganzen Weg direkt bis nach unten marschieren - eine 14h Folter. Wir haben uns aber für die Variante Kraterschläfer entschieden: etwas später aufstehen, bei Tageslicht hoch marschieren, die Zeit geniessen, in den Vulkankrater absteigen und dort übernächtigen, bevor wir dann am nächsten Tag in aller Ruhe absteigen (und auch das noch in zwei Tagen). Wir starteten etwas später als geplant, dafür war die Sonne bereits nach knapp 30min zu sehen und der erste Weg war noch leicht zu gehen. Dann wurde es steiler und schwieriger und wenn Du mal auf den Fotos weiter unten die richtige herauspickst, kannst Du sehen, wie weit es noch bis zum Gletscher war. Für den Abschnitt C kurz vor Stella Point (der steilste Abschnitt am ganzen Berg) musste auch ich den Rucksack an einen unserer Führer abgeben. Donovan hat ihn nach allen Regeln der Kunst getragen - herzlichen Dank an dieser Stelle! Am frühen Nachmittag sind wir am Stella Point angekommen, dies bedeutete das Ende des schwierigsten Abschnittes und eine totale Höhe von 5745m. Dort konnten wir so richtig die Appetitlosigkeit, den kalten Wind und die pralle Sonne in der Steinwüste sowie ein unglaubliches Panorama geniessen! Frank drängte (time is not our friend - so ein Käse, hatten wir doch eh nicht mehr viel vor) und wir liefen die letzte Stunde dem Uhuru Peak entgegen. Irgendwie sollte das ein einfacher Weg werden, aber es ging und ging nicht vorwärts und ich zeige auf Anfrage gerne die Schrittgeschwindigkeit dort oben, ihr werdet nicht glauben, wie langsam man gehen kann ohne stehen zu bleiben....! Aber irgendwann war die Zeit um oder der Weg vorbei auf jeden Fall standen wir am Uhuru Peak - dem höchsten Punkt Afrikas mit 5892m! (Auf der Urkunde ist noch 5895m zu lesen, aber ich traue den letzten wissenschaftlichen und GPS-gestützten Messungen einer niederländischen Uni mehr). Crazy!!!!

Nach den obligaten Fotos und Gratulationen ging es dann im Laufschritt durch Sandgestein hinunter in den Krater, wo unser Zelt bereits auf uns wartete. Nun war aber genug mit Körper stressen - wir legten uns hin, tranken und assen etwas und bis am nächsten Morgen um 0600 weckte uns nur noch das Kopfweh oder die Kälte. Wie wir im Nachhinein erfuhren schlief auch die mitgekommene Teilmannschaft nur mässig. Auf dieser Höhe geben sich Kopfschmerzen, Uebelkeit, Nasenbluten und beklemmtes Atmen anscheinend die Hand und so waren alle froh, zeitig am nächsten Morgen zurück zum Stella Point und dann runter zu marschieren! Aber immerhin: wir haben also vom 16. auf den 17. Juni 2015 als höchste Personen in ganz Afrika genächtigt - niemand war höher als wir :)) Zudem haben wir an diesem Tag das 5 Jahresjubiläum gefeiert, wobei feiern erst ab etwa 4000m wieder möglich geworden war ;)

Der Abstieg geht wirklich viel schneller als der Aufstieg - bereits um 1000 waren wir im Barafu Camp zurück und nach weiteren 1.5h im Millenium Camp (Achtung: es wurde wieder grün um uns herum, Freude herrscht!) zum Mittagessen. Noch mal 1.5h und wir konnten im Mweka Camp auf 3000m übernachten. Die letzte Nacht im Nationalpark und alsbald marschierten wir den letzten Weg in Richtung Mweka Gate, um unsere Tour nach 8 Tagen, etwas mehr als 90km und ca. 8000 Höhenmeter abzuschliessen.

Es war faszinierend zu beobachten wie schnell andere Dinge unwesentlich und unwichtig werden! Wie stark man auf ein Ziel fokussiert ist. Die Natur, die Leute, der Moment. Es ist eine ganz tolle Erfahrung gewesen und wir sind dankbar für all die Helfer, welche dies ermöglicht haben! Ohne sie wäre kein Erfolg möglich gewesen, sie hingegegen machen es mit einer stoischen Ruhe und einer absoluten Routine ganz unscheinbar!

Noch ein paar Infos zum Berg:
Routenunterschiede
Es gibt verschiedene Routen zur Besteigung, hier wird nur stichwortartig auf wichtige Unterschiede hingewiesen:
  • Machame: Whisky Route, Uebernachtung in Zelten, landschaftlich eine der schönsten, heutzutage die häufigst gewählte Route
  • Marangu: Coca-Cola Route, Uebernachtung in Hütten, weniger steil als Machame, dafür grössere Tagesdistanzen, gleicher Hin- und Rückweg
  • Lemosho: ist auch eine Route :)
  • Umbwe: mit Abstand die anstrengendste Route, nicht so frequentiert
  • Mweka: reine Abstiegstroute (war früher eine Aufstiegsroute und wird heute von vielen Trails als Abstiegsroute gewählt)
Klimazonen
Am Kili konnten wir in 6 Tagen 5 Klimazonen erleben. Das ist wie von Afrika nach Norwegen zu fahren in derselben Zeit...
  1. Kulturzone (800-1800m): durch Chagga bewirtschaftetes Gebiet
  2. Regenwald (1800-2800m): Wasserreservoir der ganzen Region, unsere favorisierte Zone
  3. Moor- und Heideland (2800-4000m): wenn der Nebel darüberliegt ist das eine ganz geile, märchenhafte Zone!
  4. Alpine Wüste (4000-5000m): nur noch ein paar Gräser, Mäuse und Vögel finden sich hier neben den Steinen, die Farben sind braun und grau
  5. Arktische Wüste (>5000m): hier dominiert das grau und der Schnee/Eis
Was geschah danach
Uns wurde das Zertifikat in einer Zeremonie auf dem Gelände des Organisators übergeben. Gleichzeitig wurde das von uns gegebene Trinkgeld an das Team übergeben. Dies war für uns einer der schwierigsten Momente, denn die Angaben zur Höhe variieren stark und auch jeder Anbieter bezahlt seine Leute unterschiedlich aber wir haben uns extra erkundigt und denken, hier den Leuten für die tolle Arbeit auch ein gutes Entgelt gegeben zu haben. Da wir aber mit der tanzanischen Kultur immer noch nicht so vertraut waren, war es schwierig die Gefühle der Personen zu lesen, was uns sonst viel einfacher fällt...

Tags darauf war ich dann schon krank und weil ja in Afrika, soll man nicht lange warten. Nach einem halben Tag über 39°C also ab zum Doktor, dort 3h auf den Doktor gewartet, das Analyselabor wie an der Uni Bern zum Einführungskurs seinerzeit genossen, 4 unterschiedlich aussehende Smarties (oder wie heissen diese sch***bitteren Antibiotika schon wieder?!) geschluckt und schon war ich wieder gesund (oder auf dem Weg dazu).

Nach dem Ruhetag konnten wir so doch noch die heissen Quellen Maji Moto der Massai sehen und geniessen. Immerhin war auch der Bachelor (Rafael Beutl) seinerzeit an diesem Ort ;)

Noch ein Schlusswort zur Kultur: wir waren oft verwirrt ob der Art und Weise wie sie etwas vortrugen oder wie sie einfach warteten und uns anguckten, aber man gewöhnt sich daran. Und auch wenn die Kellnerin im Hotel forsch fragt: wo ist meine Freundin (dabei meinte sie meine Freundin) oder dir als Antwort auf die Frage was es zu Essen gibt, sagt: du kannst das Spezialmenu nehmen; sie meinen es durchwegs freundlich!

So und nun zu den Fotos!

Zuerst der Angewöhnungstag:


Dann die Fotos der Besteigung:


Und zu guter Letzt der Abschluss bei den heissen Quellen: